Zahlen & Fakten

Besenderung von Rotmilanen bei Zistersdorf 2021. Ein Rotmilan war noch zu klein um diesen zu besendern.

2.264 besenderte Rotmilane in der Datenbank des LIFE EUROKITE Projekts
(Da 10 Rotmilane bereits zum zweiten Mal besendert wurden, umfasst die Stichprobe
insgesamt bisher 2.254 verschiedene Individuen des Rotmilans)

Rotmilane

Besenderte Rotmilane im Projekt: 864 (+136 gekauft)

Besenderte Rotmilane geteilt durch (Kooperations) Partner: 1.264

Davon sind:

Besenderte Nestlinge (1. Kalenderjahr): 1.492

Besenderte Juvenile/Immature (1. oder 2. Kalenderjahr): 355

Besenderte Adulte (ab dem 3. Kalenderjahr): 417

Zusätzlich wurden 21 Kaiseradler, 26 Schwarzmilane, 6 Wespenbussarde und 5 Seeadler (+3 gekauft) im Zuge des LIFE EUROKITE Projektes besendert.

In den nächsten Monaten werden stetig neue Vögel dazu kommen, sodass das Projekt eine umfangreiche Datenbank zur Analyse von Verhalten und Todesursachen hat.

Stand: 31.12.2022

Besenderung und Datenbasis

Die Besenderung

Ein großer Vorteil der im Projekt angewandten Methode der Besenderung des Rotmilans ist, dass die GPS-Verfolgung von Vögeln und der Post-Mortem-Analyse, „in Echtzeit“ funktioniert und schnelles Handeln ermöglicht. Im Gegensatz zu anderen Methoden kann eine repräsentative Stichprobe aller Todesursachen in einem großen geografischen Gebiet unabhängig ermittelt werden.

Die GPS-Sender sind mit kleinen Solarpanelen ausgestattet, die es ermöglichen, dauerhaft den Aufenthaltsort des besenderten Rotmilans über Satelliten aufzuzeichnen und über das Handynetz zu senden. Von 2020 bis 2024 wurden bzw. werden zumindest 615 Rotmilane und 80 andere Greifvögel (Seeadler, Kaiseradler, Wespenbussard & Schwarzmilan) in ca. 40 Projektgebieten in 12 Ländern mit GPS-Trackern ausgestattet, wodurch ihre Aktivitäten dauerhaft nachvollzogen werden können. Da von zahlreichen Projektpartnern und Kooperationspartnern für das Projekt Daten von vielen weiteren besenderten Rotmilanen (die zwischen 2013 und 2022 besendert wurden) zur Verfügung gestellt wurden, umfasst die Stichprobe schon jetzt (Stand: 31.12..2022) 2.264 besenderte Rotmilane in ganz Europa (mit Außnahme von UK), wobei 10 Individuen aufgrund eines defekten Senders nochmal gefangen und erneut als Adulte bzw. Immature besendert wurden. Somit wurden insgesamt bisher 2.254 verschiedene Individuen des Rotmilans besendert.


Besenderung von 2.264 Rotmilanen durch das LIFE EUROKITE Projekt sowie zahlreichen Kooperations- und Projektpartnern in ganz Europa.


Besenderungsorte der 1.492 besenderten Rotmilan-Nestlinge in ganz Europa.


Besenderungsorte der 242 besenderten juvenilen Rotmilane in ganz Europa.


Besenderungsorte der 113 besenderten immaturen Rotmilane in ganz Europa.


Besenderungsorte der 417 besenderten adulten Rotmilane in ganz Europa.

        
Besenderung von 2.264 Rotmilanen durch das LIFE EUROKITE Projekt sowie zahlreichen Kooperations- und Projektpartnern in ganz Europa.

Von den 2.264 besenderten Rotmilanen haben über die Jahre insgesamt bereits zum jetzigen Zeitpunkt 1.109 Rotmilan-Individuen den Beginn des 3. Kalenderjahrs erreicht und sind somit als adulte Vögel zu bezeichnen. Somit sind bereits rund die Hälfte der uns für die Auswertung zur Verfügung stehenden Stichprobe Altvögel.

 

Migration und Flugbewegungen

Der Zug in Richtung Winterquartier erfolgt vor allem im September und Oktober. Spanien und Südfrankreich sind für die Rotmilanpopulation die wichtigsten Überwinterungsgebiete.

Im Vorjahr in Mitteleuropa geborene Jungvögel bleiben viel länger im Winterquartier als Altvögel (Februar), nämlich bis März oder April. Nur wenige einjährige Jungvögel (= 2. Kalenderjahr) verbringen auch den Sommer im Überwinterungsgebiet.

Rotmilane weisen eine große Variabilität bei den Zugstrategien auf. Die meisten Individuen in Nordosteuropa sind Zugvögel, aber es gibt auch eine wachsende Anzahl an sesshaften Individuen.

Beim Frühjahrszug wurden Unterschiede zwischen Jungtieren und Adulten festgestellt. Adulte Rotmilane begannen im Februar-März mit dem Frühjahrszug nach Nordosten, während die immaturen Individuen deutlich später begannen und eine größere Zeitspanne (Februar-Juni) aufwiesen. Adulte Individuen brauchten auch deutlich weniger Tage, um ihr Ziel zu erreichen (12 ± 5 Tage) und legten mehr Strecke pro Tag zurück (134,2 ± 37,1 km/Tag) als Jungtiere (19 ± 11 Tage und 98,9 ± 21,2 km/Tag). Der Frühjahrszug war deutlich schneller und mit weniger Zwischenstopptagen als der Herbstzug (Garcia-Macía et al. 2021).

Das Migrationsverhalten kann sich bei verschiedenen Rotmilan Individuen stark unterscheiden. So können Jungvögel aus dem gleichen Nest verschiedene Überwinterungsgebiet wählen (Literák et al. 2019). Durch GPS-Daten konnte auch festgestellt werden, dass Italien und der Balkan ein wichtiges Überwinterungsgebiet für Rotmilane aus Zentraleuropa sind. Mehrere Meeresüberquerungen von Rotmilanen konnten anhand der GPS-Daten ausgewertet werden (Raab et al. 2017).


Anzahl unterschiedlicher Rotmilan-Individuen mit Telemetriepunkten im 10 x 10 km Raster in den Jahren 2013 bis
2022 in Europa (ohne UK). Insgesamt konnten bisher 1.224 besenderte Individuen in Frankreich, 1.429 in
Spanien, 996 in Deutschland und 291 besenderte Individuen in Österreich dokumentiert werden.


Telemetriedatenpunkte von 125 in den Benelux Staaten (Belgien, Luxemburg & Niederlande) besenderten Rotmilanen.


Telemetriedatenpunkte von 317 in Zentraldeutschland (Hessen, Sachsen-Anhalt & Thüringen) und besenderten Rotmilanen.


Telemetriedatenpunkte von 168 im Umfeld des Dreiländerecks AT/SK/CZ (Österreich, Slowakei & Tschechische Republik) besenderten Rotmilanen.

 

Schlafplätze

Sobald die Sonne untergeht, versammeln sich Rotmilane im Winter an sogenannten „Schlafplätzen“. Diese Schlafplätze können einzelne Bäume, Baumgruppen und Waldränder sein. Viele verschiedene Baumarten können als Schlafplatz genutzt werden. Einige Schlafplätze können sogar nur wenige Hundert Meter von Dörfern entfernt sein. Es gibt jedoch keinen Nachweis, dass Rotmilane Schlafplätze direkt im Dorf beziehen. Oftmals versammeln sich Rotmilane zuerst an einem „Sammelplatz“, bevor sie dann weiter zusammen zum Schlafplatz fliegen. Normalerweise werden diese Schlafplätze über mehrere Nächte und auch Jahresübergreifend genutzt. Plötzliche Änderung der Schlafplätze sind meistens auf Störungen zurückzuführen. Die Anzahl der Rotmilane variiert sehr stark an den Schlafplätzen und ist regional abhängig. An der Grenze von Österreich und der Slowakei konnten während der Winterschlafplatzzählung im Januar 2021 110 Rotmilane beobachtet werden. Die Anzahl an einem Winterschlafplatz in Spanien kann hingegen deutlich höher ausfallen. So wurden im Januar 2021 in Spanien an einem einzigen Schlafplatz 697 Rotmilane gezählt (LIFE EUROKITE 2021). Wir bedanken uns bei den Nationalen Koordinatoren und den 581 ehrenamtlichen Zählern, die an dieser Zählung teilgenommen haben. Der vollständige Bericht kann unter https://www.life-eurokite.eu/de/publikationen.html eingesehen werden.

Im Brutgebiet und somit während der Brutzeit sind solche Ansammlungen an Schlafplätzen eher selten, da der Rotmilan während dieser Zeit ein territoriales Verhalten vorweist. In der Nähe von ergiebigen Nahrungsquellen kann es jedoch zu kleineren Ansammlungen kommen. Ist die Brutzeit vorbei, versammeln sich die Jung- und Altvögel wieder an Schlafplätzen. Während sich im Januar (2013-2022) insgesamt 787 besenderte Rotmilan-Individuen in Spanien aufhielten, betrug die Anzahl der besenderten Rotmilan-Individuen im Juli (2013-2022) nur 339. Ein anderes Bild zeigt sich in Deutschland. Im Januar (2013-2022) hielten sich nur 40 besenderte Rotmilan-Individuen in Deutschland auf, während die Anzahl der besenderten Rotmilan-Individuen im Juli deutlich höher mit 698 ausfiel. Manche Rotmilane haben sich über die Jahre hinweg und während des Zuges in mehreren Ländern aufgehalten, weshalb die Summe der Rotmilan-Individuen aller Länder zusammen die Anzahl der 2.264 Rotmilane übersteigen kann.


Anzahl der Rotmilane an 267 ausgewählten Rotmilan Schlafplätzen in ganz Europa während der Winterzählung im
Januar 2021 im Zuge des LIFE EUROKITE Projektes.


Übernachtungspunkte von 1.172 besenderten Rotmilanen im Januar im Zeitraum 2013 bis 2022 in ganz Europa und
die Anzahl der Individuen pro Land.


Übernachtungspunkte von 1.877 besenderten Rotmilanen im Juli im Zeitraum 2013 bis 2022 in ganz Europa und
die Anzahl der Individuen pro Land.

 

Todesursachen

Zum jetzigen Zeitpunkt (Stand 31.12.2022) sind 1.407 besenderte Rotmilane verstorben (berücksichtigt sind auch jene Rotmilane, bei denen es zu einen Senderausfall gekommen ist (414)). 156 besenderte Rotmilane sind nachweislich durch Vergiftung und 52 durch illegalen Abschuss gestorben. 785 besenderte Rotmilane sind durch andere anthropogene und natürliche Ursachen, wie zum Beispiel durch Prädation, Kollision, Stromschlag oder Krankheit, ums Leben gekommen.

Da die pathologischen Untersuchungen in der Regel mehrere Monate in Anspruch nehmen ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bei allen Vögeln eine abschließende Beurteilung der Todesursache möglich.

Die meisten Vögel wurden im Nest besendert. Das führt dazu, dass auch Verluste im Nest (hauptsächlich Prädation) berücksichtigt werden, die im Vergleich zu den anderen Todesursachen überproportional häufig auftritt. Die Todesursachen und die Verteilung der Todesursachen kann sich pro Land unterscheiden. So treten bspw. Vergiftungen und illegale Abschüsse sowie der Stromschlag an Elektroleitungen in Deutschland wesentlich seltener auf als in anderen europäischen Staaten.

Die extrem umfangreiche Datenbasis des LIFE EUROKITE Projekts bietet die bisher nicht in diesem Ausmaß vorhandene Möglichkeit auf streng wissenschaftlicher Basis und sowohl ergebnisoffen als auch ohne jede Präferenz oder vorgefasste Meinung, Grundlagen für die Diskussion und für Entscheidungen bereitzustellen. Ziel ist dabei nie, für oder gegen etwas aufzutreten, sondern objektive und wissenschaftlich belastbare Fakten für die Entscheidungsträger bereitzustellen.

Die endgültige wissenschaftlich fundierte Analyse der Mortalitätsursachen wird derzeit durchgeführt, und zwar von unabhängigen wissenschaftlichen Institutionen in mehreren Europäischen Ländern. Mit ersten Publikationen in renommierten wissenschaftlichen Journalen ist frühestens Ende 2023 zu rechnen. Die Laufzeit des LIFE EUROKITE Projekts erstreckt sich bis zum 31.01.2027. Weitere Auswertungen und Publikationen werden mindestens bis zu diesem Zeitpunkt vorgenommen. Die Einhaltung der international üblichen wissenschaftlichen Standards *) wird natürlich auch bei EU-finanzierten Forschungsvorhaben zwingend von der MEGEG und ihren wissenschaftlichen Kooperationspartnern verlangt.

*) https://www.allea.org/wp-content/uploads/2018/06/ALLEA-European-Code-of-Conduct-for-Research-Integrity-2017-Digital_DE_FINAL.pdf


Zwischenergebnisse der Totfunde der 1.407 verstorbenen und besenderten Rotmilanen in den Jahren 2013 bis 2022
in ganz Europa.


Zwischenergebnisse der Vergiftungsfälle von 156 verstorbenen und besenderten Rotmilanen in den Jahren 2013 bis
2022 in ganz Europa.


Zwischenergebnisse der Abschussfälle von 52 verstorbenen und besenderten Rotmilanen in den Jahren 2013 bis
2022 in ganz Europa.

Forschung und Monitoring

Telemetriebasierte Raumnutzungsanalyse (tRNA)

Um das Habitatpotenzial und die Raumnutzung der Vögel zu ermitteln, werden statistische Modellierungen angewandt. Die telemetriebasierte Raumnutzungsanalyse tRNA erlernt durch „data mining“ die Verhaltensweise von besenderten Vögeln (wie z. B. Rotmilanen, Seeadlern oder Schwarzstörchen) und prognostiziert die artspezifische Aufenthaltswahrscheinlichkeit basierend auf der Landnutzung (z. B. Siedlungen, Wald, Straßen und Bahnlinien, Feuchtgebiete, Agrarnutzung, Höhenlage). Dabei wird zwischen der Raumnutzung von Brutvögeln und dem Habitatpotenzial für Jungvögel und Nicht-Brüter unterschieden. Während die Aufenthaltswahrscheinlichkeit von Brutvögel unter Berücksichtigung des Horstes räumlich sehr genau und in absoluter Zeit prognostiziert werden können, kann für Jungvögel und Nicht-Brüter nur eine relative Habitateignung angegeben werden. Das beschriebene Modell prognostiziert somit die durch die Art zu erwartende Aufenthaltsdauer.


Beispiel einer Modellierung der Habitateignung für Nichtbrüter des Rotmilans im 2. Kalenderjahr basierend
auf Telemetriedaten sowie Landnutzungsdaten Bereich Halberstadt, Sachsen-Anhalt (Deutschland).

Literatur

Garcia-Macía, J., Vidal-Mateo, J., De La Puente, J., Bermejo A., Raab, R., Urios, V. (2021). Seasonal differences in migration strategies of Red Kite s (Milvus milvus) wintering in Spain. Journal of Ornithology, Springer 2021.

LIFE EUROKITE (2021). Results of the “1st LIFE EUROKITE Winter Count of 267 selected regularly counted Red Kite  roosting sites in whole Europe”; 08.01.-10.01.2021 (extended to 02.01. -23.01.2021). Impact monitoring of the LIFE EUROKITE Project. Unpublished report of the LIFE EUROKITE project “Cross-border protection of the Red Kite  in Europe by reducing human-caused mortality”.

Raab, R. Literák, I., Schütz, C., Spakovszky, P., Steindl, J., Schönemann, N., Tarjányi, S.G., Peske, L., Makon, K., Mráz, J., Maderic, B., Pecenak, V., Matusik, H. & Schulze, C.H. (2017). GPS-basierte Telemetriestudien an mitteleuropäischen Rotmilanen Milvus milvus – methodische Schwierigkeiten und analytische Möglichkeiten basierend auf ersten Ergebnissen. Ornithologische Mitteilungen 69(7/8):245-260.