VIER PFOTEN | Eulen- und Greifvogelstation Haringsee (EGS)

Klimaschutzministerin Gewessler entlässt Seeadler „Leonore“ in die Freiheit

In der EGS Haringsee genesener Seeadler mit Sender versehen – Telemetriedaten liefern wertvolle Informationen über Lebensweise – Artenvielfalt in Österreich von großer Bedeutung

Haringsee, 1. Juli 2021  Die von VIER PFOTEN geführte Eulen- und Greifvogelstation Haringsee (EGS) erhielt gestern Besuch von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. Anlass dafür war die Freilassung eines Seeadlers, der seit April dieses Jahres nach einer Verletzung in der EGS gepflegt wurde. Jetzt ist der Vogel wieder fit und konnte deshalb in die Natur entlassen werden. Davor hatte ihn ein Projektteam des EU-Artenschutz-Projekts LIFE EUROKITE in Zusammenarbeit mit dem EGS-Team unter dem wissenschaftlichen Leiter Dr. Hans Frey noch mit einem Sender versehen, der wichtige Erkenntnisse über Flugrouten oder Paarungsverhalten liefern wird. Die Ministerin zeigte sich vom imposanten Tier fasziniert und von der Tätigkeit der EGS sowie des LIFE EUROKITE Projekts beeindruckt. Sie übernahm auch eine Patenschaft; der weibliche Seeadler wird daher künftig den Namen „Leonore“ tragen.

„Österreich ist mit seinen 68.000 Arten ein Land der Vielfalt, die jedoch leider in Gefahr ist. Auch unsere Seeadler und andere majestätische Greifvögel sind bedroht und immer wieder von illegalen Abschüssen oder Vergiftungen betroffen. Das sind keine Kavaliersdelikte. Denn: Wer ein Tier tötet, gefährdet unsere Artenvielfalt. Auch immer wieder mögliche Verletzungen der Tiere gefährden das empfindliche Gleichgewicht der Adler-Population. Gerade deshalb ist die Besenderung so eine wertvolle Maßnahme. Sie liefert wichtige Daten für die Forschung und unterstützt bei der Aufklärung möglicher illegaler Machenschaften. Es war mir eine besondere Freude und Ehre, bei der Besenderung und Freilassung der nun wieder aufgepäppelten gefiederten Leonore dabei zu sein“, so Gewessler.

Seeadler Leonore wurde in der Nähe von Hohenau an der March verletzt gefunden. Vermutlich wurde sie bei einem Revierkampf mit einem Artgenossen verletzt. Sie hatte eine Einblutung in das Schultergelenk und eine Fraktur im Bereich des Schultergürtels.

VIER PFOTEN Direktorin Eva Rosenberg war ebenfalls berührt: „Diese schönen Momente, wenn wir ein Tier wieder in die Freiheit lassen können, zeigen uns immer wieder aufs Neue eindrucksvoll, warum sich unsere Arbeit lohnt. Seeadler Leonore musste bei uns in der EGS einige Wochen Käfigruhe überstehen, damit die Fraktur wieder gut zusammenwachsen konnte. Seit Anfang Mai sitzt sie jetzt aber in einer großen Flugvoliere. Ihr Flugvermögen hat sich dort kontinuierlich gebessert, sodass sie mittlerweile wieder freilandtauglich ist. Ich freue mich jedes Mal aufs Neue über solche Erfolge.“

Werner Falb-Meixner, Obmann der Mitteleuropäischen Gesellschaft zur Erhaltung der Greifvögel (MEGEG), der für das von der EU, dem Ministerium und zahlreichen weiteren Partner geförderte LIFE EUROKITE Projekt verantwortlich ist, gibt Ministerin Gewessler Recht: „Die größte Bedrohung für viele Greifvögel, wie Seeadler und Rotmilan, stellen auch in Mitteleuropa Vergiftungen und illegale Abschüsse dar, weshalb die länderübergreifenden Schutzmaßnahmen gegen Wildtierkriminalität im Rahmen von LIFE EUROKITE intensiviert werden. Die erfolgreiche Erhaltung der Greifvögel gelingt nur durch gute Zusammenarbeit aller Beteiligten, inklusive der Landwirtschaft.“

Der Biologe Rainer Raab, der als Technical Manager von LIFE EUROKITE die Hauptgründe für die Sterblichkeit von Greifvogelarten erforscht, hatte den heute entlassenen Seeadler zuvor bereits länger beobachtet. Dadurch konnte sein Team die Verletzung des Vogels entdecken und ihn in die EGS bringen. Er betont: „Es ist unglaublich wichtig, in der Öffentlichkeit ein breites Bewusstsein zum Thema Artenschutz zu schaffen. Das Team um Dr. Frey leistet seit Jahren einen wertvollen Beitrag dafür.“

Die EGS hat sich in den letzten Jahrzehnten auch als Mitinitiator des Bartgeier-Wiederansiedlungsprojekts einen Namen gemacht. Seit Beginn dieses Projekts wurden schon mehr als 200 Bartgeier in der EGS geboren oder aufgezogen. Ein Großteil der Jungvögel wurde an verschiedenen Standorten in den Alpen oder in Andalusien freigelassen. Momentan fliegen wieder über 300 Bartgeier frei in den Alpen. Im Jahr 2020 gab es alpenweit 53 Brutpaare, 37 Jungvögel flogen aus ihren Nestern aus. Das Bartgeierprojekt zählt zu den erfolgreichsten Wiederansiedelungsprojekten weltweit.

Außerdem ist die EGS die einzige Pflegestation, in der Jungvogelfindlinge durch Ammen derselben Vogelart, also in einem natürlichen Familienverband, großgezogen werden können. Dadurch werden die schädlichen Folgen einer Handaufzucht vermieden. Auch Sumpfschildkröten, Igel, Fledermäuse und andere Kleinsäuger wurden fachmännisch versorgt und, wenn möglich, wieder in die Natur entlassen.

(c) Franz Josef Kovacs

 

 

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